Das Glück kann man sich auch verdienen


Dietmar Faes (links) und Claude Fössinger im Gespräch. Bildquelle. Bieler Tagblatt/Anne-Camille Vaucher

„Das Glück kann man sich auch verdienen“

FC Biel Die ersten Runden in der neuen Liga sind vorbei. Die Gedanken schweifen schon weiter. Ein Gespräch mit FC-Präsident Dietmar Faes und VIP-Club-Präsident Claude Fössinger über die ehrgeizigen Ziele Richtung Challenge League.

Interview: Beat Moning Es wird offen ausgesprochen: Aber kommt die Debatte über einen Spitzenplatz in der Promotion League mit Ziel Aufstieg in die Challenge League nicht etwas früh?

Dietmar Faes, Präsident FCBiel: Man muss Ziele in die Köpfe der Leute bringen und ich finde, die Diskussionen kommen überhaupt nicht zu früh. Wir sind in dieser Promotion League angekommen und haben eine gute Qualität, um mitzuhalten. Es bleibt, und das sagen wir seit dem Neubeginn 2016: Einmal in der Promotion League, wollen wir drei, vier Jahre später auch den Aufstieg schaffen.

Claude Fössinger, Präsident VIP-Club: Ich kann mich mit dem hohen Ziel der Vereinsleitung durchaus anfreunden. Ich bin aber auch der Meinung, dass man sich jetzt sportlich und wirtschaftlich mal in dieser Liga, die schon sehr viel Professionalität an den Tag legt, konsolidiert. Aber ich gehöre auch zu jenen, die gerne hohe Ziele vor Augen haben. Das wollen wir auch im VIP-Klub leben. Seit 2016 lautet das Motto «mit dem Appetit kommt der Hunger». Drei Aufstiege sollen also nicht genug sein. Erleichtert es, diese Ziele zu verfolgen, wenn auch Staff und Spieler in diese Richtung mitziehen?

Faes: Absolut. Mit diesem Credo arbeiten wir seit fünf Jahren. Wir haben dazu das Stadion und überhaupt die ganze Infrastruktur. Der FC Biel war lange in der Challenge League und hat auch eine gewisse Tradition. Es ist unser Ziel und unsere Aufgabe, dem Seeländer und dieser Stadt eine Mannschaft in der zweithöchsten Liga präsentieren zu können. Und eines ist auch seit Beginn vorhanden, um auf die Frage zurückzukommen: Wir haben stets Spieler verpflichtet, die in die nächsthöhere Liga wollen.

Fössinger: Die Entwicklung seit dem Häfeli-Debakel ist in der Tat erfreulich. Die Mannschaft setzt die Ziele um und die Philosophie hat sich geändert. Man gibt nur Geld aus, auf das man zurückgreifen kann. Das macht die Spieler zufrieden und das wirkt sich auf die Leistung aus, wenn Löhne und Spesen den Abmachungen entsprechend bezahlt werden. Ich bleibe aber bei einer Meinung: Die Promotion League und die Challenge League kennt einen grossen Unterschied: Die Challenge League ist ein Vollprofibetrieb, was vor allem auch für das Umfeld gilt. Da kommen dann schon noch andere und neue Herausforderungen hinzu. Zum Beispiel die Gründung einer Aktiengesellschaft, die beim FC Biel bis hin zu Mehrheitsbeteiligung und Konkurs über Jahre zu diskutieren gab.

Faes: Die Gründung einer Aktiengesellschaft steht auf unserem Traktandum an der nächsten Vorstandssitzung. Wir kommen da nicht drum herum, weil ab Challenge League eine Ausgliederung der ersten Mannschaft erfolgen muss. Aber klar ist schon heute: Einen Mehrheitsaktionär werden wir nicht anstreben, da sind wir uns schon jetzt einig. Obwohl uns immer wieder Anfragen erreichen, wie zuletzt von einer belgischen Firma, mit der wir eine Zoomsitzung durchführten.

Fössinger: Es ist schon mal gut zu hören, dass der Vorstand keinen Mehrheitsaktionär anstrebt. Denn die Erfahrungen sind doch eher schlecht, die wir da gemacht haben. Dieses Gremium muss breit abgestützt sein und zudem harmonieren, vom Interesse her, vielleicht auch vom Alter her. Die Erfahrung zeigt, bei aller wirtschaftlicher Führung: Ein Sportklub kann nicht wie ein Geschäft geführt werden. Man kommt also nicht um eine AG herum, man kommt aber auch nicht um eine wesentliche Erhöhung des Budgets herum. Welche Zeichen haben Sie aus der Wirtschaft?

Faes: Wir haben Verbindungen und Verträge, die auch in der Challenge League mit entsprechenden Anpassungen gültig sind. Zum Beispiel bei unserem Hauptsponsor Hurrah, einer Tochtergesellschaft von Casino de Neuchâtel. Wichtig ist für uns, dass wir unsere langjährigen Sponsoren und die Donatoren vom VIP Club, unserem wichtigsten Partner, im Boot haben. In der Challenge League kommen TV-Gelder hinzu, wir haben mehr Fans. Das Interesse steigt. Ich sehe zudem noch etwas anderes: In den letzten Jahren geht bei uns alles erfolgreich vorwärts. Unsere Erfolge geben eine positive Aura. Wir können jetzt nicht 20 Jahre in der Promotion League spielen, dann verblasst diese Aura schnell. Wir wollen für dieses Ziel hart arbeiten. Es braucht dabei etwas Glück. Aber das Glück kann man sich auch verdienen.

Fössinger: Wir haben im VIP-Club in den letzten Jahren schon alles erlebt. Zu den besten Zeiten betrug unser Beitrag eine Viertelmillion Franken. Klar, dass wir nach den Vorfällen vor fünf Jahren zurückbuchstabieren mussten. Jetzt beträgt der Beitrag noch 120 000 Franken. Wir haben nach wie vor eine homogene Mitgliedschaft mit viel Interesse am FC Biel. Nicht zuletzt deshalb haben wir ja eine beträchtliche Aufstiegsprämie gesprochen. Aber es ist sicher unsere Aufgabe im Vorstand, die Mitglieder, und die meisten sind Privatpersonen oder kleinere Betriebe, von einem grösseren Engagement zu überzeugen und für eine gute Sache einzustehen. Der FCBiel braucht die notwendigen Finanzen, sonst sind alle Ziele nur Wunschträume. Bei uns gibt es zwei Arten, die Finanzierung zu erreichen: Entweder die
Beiträge zu erhöhen oder mehr Mitglieder zu generieren. Ich tendiere eher zum Zweiten. Je breiter der VIP-Club gestreut ist, desto geringer ist das Risiko eines Einbrechens. Aktuell möchte ich aber nichts überstürzen. Wir haben immer noch diese Pandemie, die viel Ungewissheit mit sich bringt und viele Leute und Firmen an die Grenzen ihrer Möglichkeit bringen. Die Zukunft wird zeigen, wie viel Potenzial in Biel und der Umgebung für den Fussball steckt. Es ist seit Jahren ein Thema, auch gerne ein Medienthema, aber der FC Biel spielt in der Tissot Arena und hat Watch City als Partner. Wie wichtig könnte die Uhrenindustrie bei einem Aufstieg noch werden?

Faes: Sie ist für uns wichtig und sie bleibt wichtig. Aber nur mit solchen Partnern, die auch ein klares Commitment zum Klub und der Region abgeben. Leider ist das bei der Swatch Groupe nicht der Fall. Sobald die Diskussionen für das Namingright des Stadions beginnen, bin ich der Meinung, dass man hier eine neue Lösung anstreben müsste. Fössinger: Ich war früher schon beim EHC Biel mit der Uhrenindustrie am selben Tisch. Watch City ist ein vorbildliches Gebilde, stammend auch nach einem Cupmatch des FC Biel. Sie sind ganz ähnlich organisiert wie wir, nämlich viele kleine Geldgeber ohne einen Dominator. Leider hat die Erfahrung in den letzten Jahren gezeigt, dass man bei der Swatch Groupe auf taube Ohren stösst. Aber es bringt jetzt nichts, erneut darüber zu jammern. Der FC Biel ist nicht der EHC Biel, der in einer Topliga mit viel TV-Präsenz bestehen kann. Der FC Biel muss eigene Wege gehen, mit Partnern und Firmen, die für die Region einstehen. Ehrlich muss man auch darüber sprechen, dass die Zuschauerzahlen bislang eher unter den Erwartungen sind. Sollte dieses Commitment nicht auch von der Bevölkerung kommen?

Faes: Gut, wir haben diese Pandemie und diese Coronatests, die bald kosten. Das hält Zuschauer ab, wie auch in oberen Ligen festzustellen ist. Dann muss man sagen, dass die Promotion Liga mit diesen zweiten Teams von Super-League-Klubs nicht sehr attraktiv ist. Ja sogar für eine Wettbewerbsverfälschung sorgen. Schauen Sie sich die Tabelle an. Wer hat ein schönes Stadion? Wer ist die zehntgrösste Stadt in der Schweiz? Klar gibt es Chiasso, Bellinzona und Rapperswil mit einer gewissen Potenz, aber auch sehr viele Klubs aus Vororten, aus ländlichen Gebieten. Das zieht nicht. In der Challenge League haben wir dann wieder mit attraktiven Gegnern zu tun und die Seeländer haben in der Vergangenheit gezeigt, dass es fussballverrückt sein kann. Stehen gute Affichen an, sind schnell paar tausend Fans in der Arena.

Fössinger: Die Challenge League ist ohne Zweifel attraktiver als die Promotion League. Ich bin mir sicher, dass gute Spieler den Weg nach Biel finden. Das Gesamtpaket ist immer wichtig. Spieler müssen sich wohlfühlen und empfangen werden. Deshalb muss eben nicht nur die Mannschaft professionell aufgestellt sein, sondern wie erwähnt auch der Staff. Und ja, wenn es wirklich Richtung Spitze geht oder in der Challenge League gespielt wird, wird das Interesse unweigerlich zunehmen. Die heutige Situation macht es im Moment nicht einfach.